Das Aussterben der Spritfresser

Zur Zeit tönen die Hupen von Traktoren und LKWs bei ihren täglichen Demonstrationen in meiner Nähe am Berliner Brandenburger Tor und der Straße des 17. Juni. Mir kommt es vor als seinen das die letzten Schreie einer aussterbenden Spezies. Das Aussterben der Spritfresser ist vergleichbar mit dem Aussterben der Dinosaurier. Beides hatte seine Zeit, seine Höhen und Tiefen, seine Artenvielfalt und seine Extreme kurz vor dem Aussterben. Bei beiden war Klimawandel der Auslöser, bei den Dinosauriern eine Erdabkühlung, wohl ausgelöst durch den Einschlag eines großen Meteoriten, bei den Spritfressern die Auslöschung durch die von deren eigenen Abgasen verursachte Klimaerwärmung. Die Spritfresser lebten nicht lange auf der Erde etwa 150 Jahre, sie haben ganze Arbeit geleistet: sie haben einen Großteil der Überreste ihrer Vorfahren, der Dinosauerier gefressen und damit unter anderem die gebundenen Kohlensauerstoffe wieder freigesetzt. Das Verschwinden der Spritfresser dauert nur 50 Jahre. Das Verschwinden der Dinosaurier dauerte tausend(e) Jahre. Mit den Dinosauriern starben viele andere Arten auch Pflanzenarten, man spricht von 75% aller Arten, während neue Arten entstanden. Die Spritfresser werden von Green Energy Nachfahren ersetzt.

Lobbyarbeit gegen den Fortschritt

Das ist die schlechte Nachricht für die Lobbyisten, die an alten Industrien aus Machtgier und Profitgier festhalten und die Politiker zu irrationalen, kostspieligen, langwierigen und bremsenden Verzögerungs-Transformationen überreden. Die Fossillobbyisten leben wie Symbionten auf den Spritfressern. Sie werden mit ihnen verschwinden. Die schlechte Nachricht für uns: jeder Tag Verzögerung durch Beeinflussung, gefälschten Studien, soziale Aufwigelung, macht sie vor ihrem Tod reicher und reicher, uns ärmer.

Der Individualverkehr ist auch heute noch extrem ineffizient, muss sich komplett wandeln und das macht er auch schon. Obwohl die Lobbyisten der Mobilitätskonzerne alles dagegen ansetzen, was in ihrem Einflussbereich möglich ist, findet ein disruptiver Prozess statt, weg von dem Besitzdenken “mein Auto”, „Freude am Fahren“, etc. hin zu einem nachhaltigen Ansatz (“Warum muss mein Auto die meiste Zeit am Tag nutzlos stehen, muss ich mich noch über mein Auto identifizieren, will ich mich so ineffizient fortbewegen, soll meine Stadt Parkraum sein oder Lebensraum?, usw.)? Das Auto ist schon jetzt für die junge Generation kein Statussymbol mehr, allenfalls für einige Potenzgetriebe der fossil betriebene Sportwagen, die „Spritfresser“. Viele brauchen aber auch das Auto ohne jede Statusallüren für ihren Beruf oder zur Fortbewegung in den vielen Regionen, die von ÖPNV vernachlässigt wurden, also von der Politik, deren Auftrag es ist, unser Leben zu schützen und zu ermöglichen, währen wir dafür Steuern an sie zahlen.

1.3 Millionen Verkehrstote sind pro Jahr weltweit zu beklagen und die meisten durch menschliches Versagen. Das spricht zumindest für autonomes Fahren oder Fahren in Ketten oder auf Schienen. Beim freien autonomen Fahren kann jeder unfallverursachende Fehler sofort in der Software der ganzen Flotte korrigiert werden und somit die Unfallquote stark fallend ausgerichtet werden. Unfälle wird es trotzdem geben, aber immer weniger.

Und nein, selbstfahrende Autos haben keine Gesichtserkennung, die ethischen Fragen, die von den Autolobbyisten aufgeworfen werden, gibt es gar nicht.

Warum zum Tanken fahren?

Mit autonomen Autos wird es billiger zu fahren als zu parken, denn das Fahrzeug kann nach dem Transport für andere freigegeben werden. Die viel zitierten Autolobbyisten haben durch die Verhinderung von automatischen Ladesäulen bisher erreicht, dass ein Mensch nachladen muss. Dieser Trick führt dazu, dass das Auto als Lebensraum nach wie vor vermarktet werden kann und die Tankstellen- oder zumindest die Tanksäuleninfrastruktur weiterhin erhalten bleibt. Da aber jeder Heimstaubsaug-Roboter bereits automatisch nachlädt, dürfte irgendwann auch diese Verlangsamung der Transformation entmachtet werden und die Autos können selbst an die Ladestation oder Wallbox fahren, ohne dass Menschen damit ihre Zeit vergeuden. Die Ladesäule hätte ohne die besagte Bevormundung auch zu einer Stromannahme-Säule konzipiert werden können, sodass Strom in beide Richtungen fließen kann, um zum Beispiel überschüssigen Strom zu verkaufen oder das vulnerable alte Stromnetz zu stabilisieren.

Abhängig oder unabhängig?

Es ist mit zeitgemäßer Weltanschauung nicht mehr zu verstehen, warum wir den klimaschädlichen Energieträger Öl aus der Erde holen, ihn mühsam aufbereiten über tausende Kilometer transportieren, uns dabei politisch und wirtschaftlich erpressbar machen, dann lagern, weiterverarbeiten und wieder über Rohre und Einzeltransporte zu Tankstellen verbringen, wo er von Menschen, die dort extra hinfahren müssen, damit Straßen befahren, Zeit vergeuden, Verschleiß verursachen, persönlich als „Sprit“ abgeholt und betankt werden müssen.

Im Gegensatz dazu könnte eine Gemeinde ihren Strom selbst mit Wind und Solarenergie und diesen an die Häuser über Stromnetze gepuffert weiterleiten. So kann das Auto, wenn es nicht fährt, ohne jede zusätzliche Fahrt zuhause an der Wallbox geladen werden. Keine Abhängigkeit von Ölmächten, keine Pipelines die gesprengt werden können, keine Willkür der Ölkonzerne bei den sich stündlich ändernden Spritpreisen mehr möglich, kein Run auf Sprit in Krisenzeiten, kein Zeitverlust durch bloßes Betanken.

Parkraum oder Lebensraum?

Wenn weniger fossile, von Menschen „berittene“ Spritfresser nutzlos bei Nichtgebrauch herumstehen, können wir die Versiegelung von Flächen, die bisher zur Nutzung als Parkraum für ungenutzte Spritfresser bereitstanden, aufheben und damit dem Klimawandel durch Regenwasserversickerung lokal begegnen. Vor allem die Stadträume würden lebenswerter, jetzt schon bestehende Parkhäuser, Garagen und Tiefgaragen könnten die noch aktiv parkenden Fahrzeuge aufnehmen. Fahrzeuge könnten dort mit Strom betrankt werden oder Strom abgeben. Fahrzeuge können dort zur Not z.B. als Batteriepuffer für das gesamte Stromnetz eingesetzt werden.

Selbstfahren als Sport und Hobby

Das Reiten auf den Spritfressern verschwindet mit den Spritfressern. Die Stauzeit reduziert sich durch intelligentes Flottenmanagement, sobald keine Menschen mehr mit ihren Fehlern und Unfällen den Verkehr behindern. Sobald der Fahrassistent als Autopilot beweisen kann, dass die Quote der Unfälle pro gefahrenen Kilometer geringer ist als bei Menschen, ist der Eingriff des Menschen nicht mehr zu rechtfertigen bzw. zu versichern. Es wird viel kosten, noch als Mensch selbstfahren zu wollen und bei Unfällen sicher sehr teuer, da die Gegenpartei die gerichtsfeste Beweiskraft in ihren automatischen Datensätzen der Fahrrekorder vorweisen kann.

Das gab es bei der Transformation von Pferd zum Kraftfahrzeug bereits schon einmal, mit der Folge von erhöhten Unfallraten bis die Pferde aus dem Verkehr verschwunden waren.

Der von Menschen gefahrene Motorsport, der Reitsport auf Spritfressern, wird genauso wie der Pferdesport bleiben und seinen Platz behaupten, auf eigenen Strecken und Rennplätzen.

Transformation ist schmerzhaft

Die Transformation wird lange dauern. Es sind 1,25 Milliarde Spritfresser als Verbrennerautos auf unserem Planeten unterwegs. Eine grobe Berechnung zeit, dass bei einer maximal möglichen Produktion von Elektrofahrzeugen das Aussterben der fossil betriebenen Spritfresser etwa 30 Jahre dauern wird, falls es mit internationaler Radikalität betrieben wird.

Bremsende Faktoren gibt es genug, viele davon sind hausgemacht und vermeidbar. Selbstfahrende Autos sind geduldiger als andere Verkehrsteilnehmer, deswegen muss die absichtliche Behinderung unter Strafe gestellt werden. Das sind die Erfahrungen aus Modellversuchen in den USA, wo sowohl Fußgänger, als auch Radfahrer, Kraftradfahrer und traditionelle Autofahrer nicht mit den autonomen Fahrzeugen kooperieren, sondern deren vermeintliche Schwäche ausnutzen.

660 000 Berufskraftfahrer in Deutschland können nicht einfach umgeschult werden, sondern werden wohl in den Ruhestand vermittelt werden müssen. Freie Fahrunternehmer wie für UBER und andere Dienste, die nun auch fahrerlos und autonom betrieben werden, müssen sich im Dienstleistungssektor umorientieren. Die autonom fahrenden Elektrofahrzeuge sind in ihrem Unterhalt gegenüber von Menschen  gefahrenen Elektrofahrzeugen günstiger verschärfen den Wettkampf auch für den ÖPNV.

Der öffentliche Nahverkehr – bisher unantastbar – muss sich anpassen und auch automatisieren, wenn der autonome Individualtransport preislich mit ihm konkurriert und komfortabler ist.  Fahrschulen, Tankstellen und andere „Dinosaurier“ sterben langsam aus.

Die Spritfresser haben ganze Arbeit geleistet, sie sorgen in unserer Zeit für eine neue Katastrophe, schneller und von globalem Ausmaß, an dem vieles zugrunde gehen wird mit dem wir aufgewachsen sind. Es wird Neues entstehen, wie immer, der Übergang wird schmerzhaft, da sich einige wenige an der Katastrophe bereichern, zum Schaden von vielen anderen, die darunter leiden werden.



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