Keine Gewißheit?

Eigentlich ist die Unplanbarkeit eines sicheren Ereignisses etwas ganz Natürliches, denn so funktioniert die Welt nun mal. Wie komme ich zu so einer Aussage? Durch Beobachtung.

Vermeintlich sichere Vorhaben werden durch „zufällige“ Ereignisse gestört, abgelenkt oder verhindert. Das ist die Basis von unzähligen Kriminalgeschichten, aber auch von vielen kleinen und großen Vorgängen im täglichen Alltag, im Beruf und im Zusammenleben.

Der einfache Soldat hat im Krieg ein Verhältnis von 50% Ausbildung zu 50% Kampfgeschehen mit unvorhersehbaren Ereignissen. Die Sondereinsatztruppen versuchen durch massives Training die 50% Training auf 70-80% zu erhöhen, es bleiben 20% des Ergebnisses dem Zufall überlassen.

Es scheint so zu sein, dass komplexere Systeme gerne an irgendeiner unerwarteten Stelle scheitern. Das zwingt uns zu Tests und Versuchsreihen, zu Feldversuchen und Gruppenstudien, also zur Beobachtung.

Ist Zufall kausal?

Was sind denn nun Zufälle? Sind Zufälle, wie wir so gerne glauben, einfach nur kausale Ketten, was bedeuten würde, dass wir jeden Zufall auf eine Ursache zurückführen können und ihn somit ausmerzen können? Wenn das so wäre, dann könnten wir die Bewegung eines simplen dreigliedrigen Pendels vorhersagen, können wir aber nicht. Das, was wir als Chaos bezeichnen ist nichts anderes als die Nichtvorhersagbarkeit von Sicherheiten.

In der Quantenphysik geht es deswegen schon per Definition nie um Sicherheiten, sondern nur um Möglichkeiten und deren Auskondensierung in einen Zustand durch das Zusammenbrechen der Möglichkeiten anderer Zustände. Das Auskondensieren von Ereignissen geschieht durch den Wellenkollaps. Was löst wiederum den Wellenkollaps aus? Eine Unregelmäßigkeit. Ein Staubkorn in der Wolke, welches den Regen auslöst. Ein Schwäche in einer DNA Kette an der sich eine Mutation bilden kann, eine Imperfektion, die die Schönheit auslöst.

Warum tun wir uns mit dieser einfachen Erkenntnis so schwer?

Energieeffizienz im Menschen

Wir neigen als biologische Wesen zur “Vereinfachung” unseres Lebens. Die Bio-Logik darin ist der effiziente Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Wir Menschen sind gleichwarm, d.h. gezwungen unter allen Umständen unsere Körpertemperatur in engen Grenzen zu halten, wenige Grad entscheiden über Leben und Tod. Unsere biologischen Prozesse sind deswegen unter der Sicht der Energieeffizienz and vielen Stellen und zu den meisten Zeiten energiesparend. Das wird erreicht durch möglichst gute Verwertung von Nahrung, Kühl – und Heizmechanismen, biochemische Optimierung und gute Temperaturverteilung bis in die entlegensten Orte des Körpers. Große Energieverbraucher wie z.B. das Gehirn, werden mit massiven Adern versorgt.

Damit wir uns nicht fortwährend mit Nahrung versorgen müssen, sparen wir also Energie. Aktive Denkprozesse, wie z.B. das Lernen oder Begreifen von neuen Strukturen verbrauchen massiv Energie, man kennt das, denn der Körper reagiert hier nach einiger Zeit wie bei sportlicher Tätigkeit mit Erschöpfung. Zur Energieeinsparung in unserem Denken bilden wir Muster, Regeln, Assoziationsverknüpfungen. Erlerntes muss nicht fortwährend neu erlernt werden, sondern der erlernte Eindruck wird weiter vertieft und dadurch mit weniger Energie erreichbar.

Das erklärt auch, dass wir nicht gerne in fluiden Zuständen denken. Subjekt/Objekt Beziehungen, die es ja gar nicht geben kann, weil jede Beobachtung das beobachtete “Objekt” verändert, sind ja so einfach, so energetisch angenehm. Man kann sich von anderen Dingen und Menschen trennen, das Glas steht auf dem Tisch und ich sitze davor. Das fühlt sich gut an, es ist nicht anstrengend. Aber es ist leider auch nicht richtig, sondern nur eine Konsequenz der Bio-Logik.

Widerstand gegen die Versuchung

Man ist immer Teil des Ganzen und jeder steht im Zentrum. Das ist nicht platt gemeint, sondern mit Tiefe. Künstler kommen damit gut zurecht, weil wir es uns angeeignet haben Widerstand gegen diese energiesparende Musterbildung zu leisten, deswegen ist es ja auch so anstrengend künstlerisch tätig zu sein, sofern man es mit Tiefe betreibt.

Wenn ich also in einer Filterblase lebe und mich nicht aktiv bemühe diese aufzuweichen, dann werde ich einfachen Lösungen von Problemen eher Glauben schenken, denn ich erkenne die Komplexität der Probleme und Wirkmechanismen, meist global, nicht. Und es fühlt sich dummerweise gut an, bestätigt zu werden und sich nicht um Erklärungen selbst bemühen zu müssen.

Wirkung, Resonanz und Fernwirkung

Auf einen auf der Spitze balancierenden Bleistift wirkt das gesamte Universum.

In welche Richtung er umkippen wird entscheidet nicht nur der Luftzug des offenen Fensterns, das leichte Beben durch Autos auf der Straße nebenan oder der vorüberziehende Mond. Nein auch die Sonne und die nächste Galaxie und alle anderen Galaxien des Universums. Natürlich in ihren eigenen Stärken, aber unstrittig ist, das alle wirken.

Also wirkt alles auf alles, jedes ist mit jedem verbunden. Im Kleinen erleben wir das heute in der Globalisierung, dem Artensterben, dem Finanzmarkt, dem Klimawandel.

Wenn man eine Stimmgabel anschlägt und diese in die Nähe einer zweiten, gleichgestimmten Stimmgabel hält, dann wird diese ohne Berührung erregt und schwingt mit. Resonanzen ergeben sich auch über große Entfernungen und können sichtbare, spürbare oder ahnbare Wirkungen auslösen. Das Glas zerspringt, die Brücke stürzt ein oder die Posaunen von Jericho bringen eine Stadtmauer zu Fall.

Und dann noch die Verschränkung: die Verbundenheit von Dingen, die physisch getrennt sind. Nachgewiesen in der Quantenphysik ist die Verschränkung ein bizarres Phänomen, welches zu einer Fernwirkung ohne Zeitverzögerung führt.

Und wenn wir schon bei der Quantenphysik sind, dann darf die Superposition der kleinsten Bestandteile unseres „Baukastens“ von allem nicht fehlen. Sie besagt, dass es im Prinzip immer alle Möglichkeiten gibt und diese durch äußere Umstände, zum Beispiel durch Beobachtung erst in eine einzige Möglichkeit auskristallisiert.   

Ein Weg

Wenn aber alles so unbestimmbar und mit Möglichkeiten überhäuft ist, was machen wir dann, um planen zu können? Hier ein Lösungsansatz zur gemeinsamen Diskussion:

Wir schlagen den für uns im Moment plausibelsten Weg ein und sind wachsam. Wir sagen allen, wir wollen ein Ziel erreichen, aber den Weg dahin, oder dass wir es komplett erreichen, oder ob es uns noch interessiert, wenn wir ihm nahe sind, das können wir nicht garantieren,

Wir können uns nur auf den Weg machen und notfalls ausweichen oder sogar umkehren. Und das muss ein Zeichen von Führungsqualität sein und nicht ein Zeichen von Schwäche. Eine Umkehr zur richtigen Zeit ist vorausschauend und der richtige Weg.

Gefährliche Populisten wie Donald Trump, die AFD-Partei in Deutschland kämpfen verbissen für scheinbar einfache Lösungen (Atomisieren, Töten, Einsperren, Ausgrenzen, Diffamieren), um komplexe Probleme zu lösen, historisch gesehen führt dies immer(!) in neue Probleme und nicht aus ihnen heraus. Schlimmer noch, ihre “Lösungen”, die auf Spaltung beruhen, bei der ein Teil zumindest angeblich behoben wird und das andere bekämpft, enden mit der uns bekannten hohen Wahrscheinlichkeit in katastrophalen Zusammenbrüchen wie Krieg in Gesellschaften, Insolvenzen ganzer Marktsegmente, Verödung der Vielfalt, Angst und Unterdrückung.

Den Weg beschreiten, den Weg beschreiben und jeden darauf vorbereiten, dass morgen alles ganz anders sein kann, mit einer flexiblen, anpassungsfähigen Struktur und dem gemeinsamen Willen sofort die Wegrichtung neu ausrichten zu können und nicht wie die Lemminge über die Klippe zu gehen. Das Festhalten am Weg hat noch nie etwas nachhaltig gebracht, siehe Kohleausstieg, Kaufhausförderung, die Unterstützung der fossil angetriebenen Automobilbranche und anderen innovationsarmen Branchen, die Finanzierung des Rentensystems durch Lohnarbeit bei gleichzeitig steigender Arbeitslosenquote und Überalterung der Gesellschaft, die Illusion der erreichbaren Vollbeschäftigung und vieles mehr.

Die hetzerischen und Schlagzeilenmedien treiben Politiker wie die Sau durchs Dorf, wenn sie ihnen nachweisen, etwas anders zu machen als vor Zeiten postuliert. Dabei wird die sich stetig verändernde Landschaft bewusst polemisch unter den Tisch gekehrt. Wir müssen unsere Haltung ändern: es ist gut, wenn sich jemand umorientiert, weil die Planung niemals sicher sein kann und die komplexe Welt sich stetig ändert. Es gibt keine Gewißheit der Entscheidung, des Weges und des Ergebnisses.

Und es gibt Dinge, die auf die richtige Weise falsch sein können.



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